Mass X
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DAF meets The Performance Agency
27.-29.4.2018


Sirene/Silence

Eine Frau geht mit mords Klipp-Klipp treppab. Macht einen auf ganz große Nummer, geht dabei betont entschleunigt. Von den Wänden des Innenhofes der Supportico Lopez Galerie strömen, stürzen und rauschen Klangwellen und durchzucken die Streuner, die es zum Sonnenuntergang hierher geschwemmt hat. Kalt erwischt vom Klang, erstirbt das Chatting, das Plaudern, das Gossiping, das Schmeicheln und es wird zur Wendeltreppe geblickt, zur Herabschreitenden, die unbeirrt gemächlich, fast in Zeitlupe, auf ein fernes Klipp-Klipp, Stufe um Stufe hinter sich lässt. Sie schaut der Menge entgegen und durchbohrt mit Stechblick die Ansicht. Der Ton schwillt und die feuchtgeschwitzen Nackenhaare kräuseln. Und sie schreitet immer noch. Schreitet: Klipp-Klipp. Und sie schreitet immer noch. Bohrt weiter mit Blicken in den Hof hinab, wo sogar die Falafel Fritteure leiser frittieren und der Getränkestand kurz den Handel auf Eis legt. Schweigen.

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Wummern. Aus vier Richtungen dröhnen Sinuswellen in den Hof. Vermischen ihre Frequenzen, wabern und schleudern. Laut und durchdringend und slightly disturbing. Wenn man jetzt den Kopf dreht klingt die Welt alle paar Grad ein wenig anders, wird zum Beat, dann zum Matsch, dann zum Herzschlag. Doch traut man sich nicht, den Kopf zu weit zu wenden, würde man doch vielleicht den Moment verpassen, indem die Schreitende zum Höhepunkt ansetzt. Denn nun bleibt sie stehen, Blick zum Publikum. Plötzlich setzten die Töne aus. Viel Lärm und dann Nichts. Auf einmal fällt das Mikrophon auf, das vor ihr an die Treppe montiert ist. Und endlich setzt sie an:

Schweigt sich genüsslich aus.

Schmatzt, zieht die Luft ein, setzt an.
Schmatzt, zieht die Luft ein, setzt an.
Schmatzt, zieht die Luft ein, setzt an.
Schmatzt, zieht die Luft ein, setzt an.

Schweigt sich genüsslich aus.


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Blick fest auf die crowd. Die crowd, die sich jetzt ASMR zu raunt, etwas unbehaglich wird und sich, den wenige Momente zuvor noch unangenehmen Ton fast zurück wünscht. Wenn doch nur die Frau etwas sagen würde, oder singen oder wenigstens gehen. Doch sie schmatzt, zieht die Luft ein, löst das Mikrophon aus der Halterung, Schritt zurück, schmatzt, schweigt sich genüsslich aus. Auch die Menge schweigt, doch von Genuss kann nicht die Rede sein. Es knistert, es schmatzt, es schweigt. Dann steckt sie das Mikrophon zurück. Schmatzt. Blickt. Und in 90° Entfernung fällt mit mords WUMMS eine große Holzwand zu Boden. Man dreht sich um und alles ward vergessen.

oAngles.mp3 Sweep1.mp3